18. Februar 2016 / Herbstkurs 2015
von Lili
Deine Hand unterm Kinn, zerdrückt die breiten Lippen wie ein welkes Herbstblatt, so sitzt du dort, nur zwei Finger breit weit von mir entfernt. Deine Haare stürzen wie ein reißender Fluss aus federfeinen Strömungs-Schlieren in allen Nuancen von Karamell in die blaue Winternachtstiefe deines Pullovers. Eine Kette schimmert, vergoldetes Spinnenwebengeflecht in abendlicher Herbstsonne zwischen den Wellen hervor, um eine kleine, und Schneeflocken feine Taschenuhr fest zu halten, ein juwelener Schmetterling, gegen den klobigen Block, hölzern rohen, Taschenrechner in deiner Hand. Die spitzzarten Zeiger, wie glühende Triebspitzen, ruhen klein undein Bischen verloren auf dem exakt mathematisch runden Ziffernblatt, in ewigem Lächeln erfroren. Trotzdem ist dort, irgendwo, weit entfernt und so gerade noch wahrnehmbar, hinter dem sanft seidenen Geräusch deines Atems, ein leises Maschienenzucken, Tautropfen, die langsam in eine Pfütze fallen. In ihren tausendfachen Regenbogen Spiegelungen, dem fein gesprenkelten Bilderregen gefangen, sitzt eine steinerne Gestalt, zerbrechlich wie Glas, mit stummen Augen, zu Boden gerichtet, löst sich langsam, verzerrt sich zur unmenschlichen Fratze und birst schließlich in den Tropfenmengen auf dem Asphalt. immer wieder. Starr harrst du darüber, ein jagender Reiher, bewegungslos auf die Zukunft. Ein Hauch von Stolz bepudert die Regentagswolken, Schöpfungen deines ewig kreisenden Bleistiftes in dir, der in teils Schwan geschwungenen, aber eben so selbst verständlich in sich gekehrten, monotonen Bewegungen,einen dünnen Gedankenfaden auf dem dafür viel zu genau weiß grau, blau kariertem Papier hinterlässt. Vielleicht denkst du gerade, an all die vorbestimmten Aufgaben, die deine Tage bis morgen hin stehlen, oder an die Runen aus kirschroten Lehrerstiften, die deine restliche Zeit zu schlaflosen Nächten verpackt davon tragen. Jeder Tag ist wie ein Trickfilm mit Bildstörung, in deinen Augen. Eine Schallplatte mit Sprung. Gedanken kommen und gehen. Sie sind wie Blätter, denkst du, lebenswichtig, aber ständig neu, ein konstanter Rhytmus. Du schaust aus dem nass aschgrau gerahmten Fenster, auf die winterleere Welt und ein leises Lächeln kräuselt deine Lippen. Der Frühling wird wiederkommen. Die Zweigbäume und die Taschenuhr wissen es, du auch.