Springe zum Inhalt

Er zielte sorgfältig und schoss ihr den Pfeil mitten in die Brust. Den Bogen befestigte er vorsichtig an seinem Rücken, ohne dabei seine Flügel zu berühren und der Köcher raschelte leise; daraus lugten rote und schwarze Pfeilfedern hervor. Als er sich umdrehte, um den langen Weg nach Hause anzutreten, fiel ein langer Schatten auf seinen kleinen Körper, der jegliches Licht verschluckte. Aus der Dunkelheit ertönte ein Flüstern: „Sie gehört mir. Du darfst sie mir nicht nehmen.“ 
Der Kleine seufzte. „Ich hatte dich schon erwartet. Sie muss sich von dir lösen.“ 
„Sie gehört mir.“ 
„Du bist tot und sie lebt. Schluss aus.“ 
„Wie kannst du es wagen? Ich werd‘ dir zeigen, wer hier tot ist.“ 
„Kennst du die Geschichte vom Fluss und dem Fisch?“ Er schnippte mit der Hand und eine kleine, hellrote Flamme stieg aus seiner Handfläche empor. Der Schein ließ den Schatten ein Stück zurückweichen. Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Nein? Sie geht so: Eine Flussgöttin verliebt sich in einen bunt schimmernden Fisch, der in allen erdenklichen Farben leuchtet. Für immer will sie den Fisch an ihrer Seite wissen, ihn lieben und nie mehr loslassen. Eines Tages kommt ein Angler und fängt den Fisch. Die Flussgöttin ist schwer betrübt, kein Licht fällt mehr durch die Wasseroberfläche und sie lässt all ihre Pflichten schleifen. Das Problem wird immer schlimmer. Also werde ich gerufen und was mache ich? Ich suche einfach einen neuen Fisch und verschieße meinen Pfeil. Das ist der Lauf der Dinge.“ 

"Wir sehen uns dann nächste Woche!", rief der Brotverkäufer ihm noch hinterher.
'Ja, ja. Wunderbar', dachte er, als er dem roten Mantel hinterher sah. Ein wenig tat ihm der Brotverkäufer ja auch leid, er war schließlich ein netter Mensch und verdiente es eigentlich nicht, so behandelt zu werden. Aber Rongo, wie er von den meisten nur genannt wurde, konnte die gute Laune der Menschen im Dezember nicht ab. Auch wenn die Welt nur grau, nass und kalt war, er hatte das Gefühl von Weihnachten. Und dieses Gefühl mochte er gar nicht.
Menschen, die sich an Lichtern erfreuen, am "Fest der Liebe", an der Vorweihnachtszeit. Kinder, die lachend über Weihnachtsmärkte laufen und ihren Eltern dieses und jenes zeigen. Ein Kinderkarussell mit Pferden und Kamelen und anderen weihnachtlichen und nicht weihnachtlichen Tieren. Gebrannte Mandeln und Glühwein. Holzspielzeug. Gewürze. Wolle. Mützen. Schals. Ledertaschen. Stempel. Schmuck. Wo er auch hinsah, überall waren diese Dinge. Und er mittendrin.
Er musste nur noch eine kleine Sache besorgen, dann konnte er endlich nach Hause, weg von all diesen Menschen hier, nach Hause in seine eigene schöne Ruhe, sich in seine rote Lieblingsdecke kuscheln.